IN VOLLER BLÜTE

Vorstellungen

Mittwoch
06. November

15:00

Im Sommer 2014 reiste der 90-jährige Bernie Jordan von England nach Frankreich, um bei der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Erstürmung der Normandie – nicht mit einer organisierten Reise, sondern auf eigene Faust. „In voller Blüte“ erzählt nun seine Geschichte und ist zugleich ein wundervoller Abschiedsfilm für den 90-jährigen Michael Caine, der bereits verkündete, dass er sich nun von der Schauspielerei zurückziehen wird.

GB 2023; Regie: Oliver Parker, mit Michael Caine, Glenda Jackson, Danielle Vitalis u.a.

Ab 12 J. / 97min.

Am 4. Juni 2014 wird der 70. Jahrestag der Erstürmung der Normandie in Frankreich gefeiert. Auch der 90-jährige Bernie Jordan wollte an den Feierlichkeiten teilnehmen, war aber für die Teilhabe an einer organisierten Reise zu spät. Darum verlässt er eines Morgens das Alten- und Pflegeheim, in dem er mit seiner Frau Rene wohnt, und macht sich auf eigene Faust auf den Weg nach Frankreich. Nach all den Jahren hat er dort etwas zu erledigen, dem er sich nicht länger verweigern kann.

Die Geschichte des Great Escapers, des großen Ausbrechers, wie die Zeitungen Bernie in Anlehnung an den Originaltitel von „Gesprengte Ketten“ (Original: „The Great Escape“) genannt hat, bewegte die britische Nation. Ein knappes Jahrzehnt später ist ein wunderschöner Film daraus geworden, der so viel zu sagen hat. Dies ist in leises, aber eindrucksvolles Drama – über ein Leben, das voll gelebt wurde, über eine Liebe, die über 70 Jahre hinweg hielt, über ein letztes großes Abenteuer, all derweil der Film den Zuschauer daran erinnert, welches Privileg es ist, über mehr als 70 Jahre hinweg in einem Europa leben zu können, in dem es keinen großen Krieg mehr gab.

Der Film ist herzlich, er lebt nicht nur von Michael Caine in einer großen Altersrolle, sondern auch von Glenda Jackson in ihrer letzten Rolle – sie verstarb am 15. Juni 2023. Es gibt die großen und die kleinen Momente in diesem Film, jeder von ihnen ist ein Juwel, weil zwar längst nicht alles akkurat an der Umsetzung dieser wahren Geschichte ist, aber das transportierte Gefühl wahrhaftig und authentisch daherkommt.

„In voller Blüte“ gemahnt uns, jeden Moment mit den Menschen, die man liebt, zu genießen und nie für selbstverständlich zu nehmen. Er ermuntert, das Leben zu leben, so lange und so gut es geht. Zu tanzen, wenn einem danach ist, zu fluchen, wenn es die Situation erfordert, sich in ein Abenteuer zu begeben und jeden Moment davon zu genießen.

Der Film hat leisen Humor, vor allem aber ganz viel Emotion. Auch Szenen, die man nicht erwartet hätte. Als Bernie und ein neugewonnener Freund zu einem Friedhof wollen, machen sie Halt in einem Pub. Dort sitzen einige Deutsche, die wie sie gekommen sind, um ihrer gefallenen Freunde zu gedenken. Bernie bittet den Pub-Besitzer, ihn vorzustellen. Es ist kein revanchistischer Moment, keiner der in Unhöflichkeit ausarten würde – hier sitzen Männer, die sich einst bekämpft haben, die aber auch etwas verbindet. Als sie sich verabschieden, ist das ein wirkmächtiger Moment, wiewohl der Film überhaupt starke Emotionen heraufbeschwört. Weil er jedem etwas zu geben hat, egal, welchen Alters und egal, ob man einen Krieg miterlebt hat oder nicht.

Am Ende ist es die immense Menschlichkeit, die „In voller Blüte“ zu einem der großen Filme des Jahres macht.