MITGEFÜHL – PFLEGE NEU DENKEN

filasofia – Impulse für ein gutes Leben Heute und Morgen.

Pflegeheime für Alte und Demente mögen sich noch so sehr bemühen: Oft bleiben sie Verwahrstätten für vereinsamte Menschen. Richtig gute Heime suchen die Kinder der Betroffenen wie eine Nadel im Heuhaufen. Der dänische Dokumentarfilm von Louise Detlefsen muss ihnen daher wie ein Märchen vorkommen. Das Porträt dieses Ausnahmefalls ist für das Pflegethema so etwas wie „Herr Bachmann und seine Klasse“ im Schulbereich. Beide Filme zeigen: Menschlichkeit und gleiche Augenhöhe sind möglich, sowohl im jungen wie im ganz hohen Alter.

Bevor Vibeke und Thorkild eintreffen, kommt erst einmal ein großer Möbelwagen. Hier, im dänischen Dagmarsminde, bezieht das alte Apotheker-Ehepaar sein neues Zuhause. Bei Vibeke wurde Alzheimer diagnostiziert, sie kann nicht mehr sprechen und nicht richtig essen. Ihren Mann Thorkild macht das manchmal wütend. Er erträgt es nicht, seine einst vergötterte Frau so zu sehen. Ihre Krankheit verdrängt er, und in ein Pflegeheim will er schon gar nicht. Die Kinder haben ihren betagten und hilflosen Eltern gesagt, das hier sei eine Reha. Es gehe darum, dass Vibeke wieder laufen lerne. Auch das Team des kleinen privaten Pflegeheims beschließt, Thorkild zu schonen, ohne ihn anzulügen. Wie das aussehen kann, erfahren wir ein paar Szenen später. Thorkild möchte im Garten spazieren, hat sich von der Garderobe aber eine Frauenjacke genommen. Die liebevolle Pflegerin, die jeden berührt und streichelt, übergeht den Faux Pas elegant: „Thorkild, ich hole dir deinen Mantel, diese Jacke ist nicht warm genug“.

Wie in einer großen Familie leben in der ehemaligen Tischlerei elf bis zwölf alte Menschen zusammen. Alle passen um den großen Frühstückstisch, wo am nächsten Morgen einer nach dem anderen aus seinem eigenen Zimmer eintrudelt. Warum ihr die menschliche Wärme, das In-den-Arm-Nehmen und Über-die-Schulter-Streicheln, so wichtig sind, erklärt Heim-Gründerin May Bjerre Eiby einer französischen Besuchergruppe auf sehr persönliche Weise. Sie arbeitete schon mit 17 in einem normalen Pflegeheim und war schockiert. Die alten Menschen wurden allein gelassen, die Stimmung war gereizt und aggressiv. Jahre später musste ihr eigener Vater in ein Heim. Nach fünf Monaten starb er an schwerer Vernachlässigung, so empfand sie es. Damals fiel der Entschluss, etwas zu ändern. Eibys Pflegekonzept heißt deshalb „Mitgefühl und Umsorgung“. Abstrakte Worte, die Louise Detlefsens einfühlsame filmische Beobachtung mit Leben füllt.