KICHEN & KINO: UNDINE

Drei Filme lang begab sich Chritian Petzold in die deutsche Vergangenheit, nun kehrt er mit seinem neuen Film „Undine“ in die Gegenwart zurück. Hier im Berlin des 20. Jahrhunderts erzählt er eine Geschichte zwischen Mythologie und Realität, verwebt märchenhafte Motive mit einem skeptischen Blick auf eine Stadt, der ihre Geschichte eingeschrieben ist. So wie dem von Paula Beer und Franz Rogowski gespielten Liebespaar.

Hat Berlin eine Zukunft? Kann sich die deutsche Hauptstadt von der Last ihrer Geschichte befreien, die Vergangenheit hinter sich lassen und die Zukunft frei und offen gestalten? Und ist das überhaupt wünschenswert? Vor vielen Jahren hatte sich Christian Petzold in „Gespenster“ schon einmal dezidiert mit dem neuen Berlin beschäftigt, hatte am gerade neu erbauten Potsdamer Platz eine Geschichte zwischen Architekturfilm und Mythologie inszeniert. Damals war das Grimmsche Märchen „Das Totenhemd“ nur ganz unterschwellig zu erkennen, diesmal ist schon im Titel deutlich, dass er den Undine-Mythos als Basis für seine Geschichte gewählt hat. Paula Beer spielt diese Undine, die als Historikerin im Amt für Stadtentwicklung arbeitet.

Vor Modellen, die die Stadt in unterschiedlichen Stufen und Stadien ihrer Entwicklungen zeigen, hält sie Vorträge, die vom alten und neuen Berlin erzählen, vom geteilten Berlin, das nach der Zerstörung des Zweiten Weltkrieges wie zwei Fremdkörper existierte und auf unterschiedliche Weise, auch mit unterschiedlichen Architekturkonzepten wieder aufgebaut wurde. Nach der Einheit begann dann der schwierige und noch lange nicht vollendete Prozess des Zusammenwachsen, der Versuch, eine gemeinsame Geschichte zu finden. Ein wichtiger Aspekt dabei: Das Schließen von Baulücken, das Überschreiben der Vergangenheit mit Gegenwart und vielleicht auch Zukunft. Ein besonders prägnantestes Objekt: Ein Ort im Herzen der Stadt, nicht weit von der Stelle entfernt, an der einst der Ort gegründet wurde, der dann irgendwann Berlin wurde. Hier stand einst das Stadtschloss, dessen Ruinen nach dem Zweiten Weltkrieg gesprengt wurden, später vom Palast der Republik ersetzt, der dann in einem weiteren Akt der Geschichtszerstörung ebenfalls abgerissen wurde und nun wiederum durch das wiederaufgebaute Schloss, das Humboldt-Forum ersetzt wird.